Wenn wir uns so umsehen, sind wir aus irgendeinem Grund meistens davon überzeugt, dass die Dinge ihre Form behalten, dass Dinge die Zeit überdauern und in ihrer Zusammensetzung einfach so bleiben wie sie sind. Aber diese Überzeugung wird eigentlich in jedem Moment widerlegt. Aus dem Samen wird ein Baum, dann vielleicht ein Tisch und schließlich verkohlt er im Feuer zu Asche, die im Boden der nächsten Generation Bäume als Grundlage dient. Aus einem verliebten Paar wird ein Liebendes, dann vielleicht ein sich Trennendes und möglicherweise ein sich Versöhnendes. Und dennoch glauben wir fest an die Formen und den Inhalt der Dinge. Nicht nur in der Außenwelt, in der materiellen Welt, sondern auch in unserer inneren Welt.
Wir nehmen die ständigen Gedanken inhaltlich für wahrhaftig. „Du bist ein toller Typ“ oder „Du bist eine Versagerin“ wird einfach geglaubt mit den ungünstigen Folgen, die in unserer Abhängigkeit zu Form und Inhalt der inneren und äußeren Gegebenheiten liegen.
Dabei ändern sich die Formen und Inhalte von ganzen Landstichen (vergleichen wir nur die letzten hundert Jahre Europa) und natürlich auch unsere innere Welt. Auch wenn wir glauben die Freude oder Traurigkeit würde endlos sein, sie ist es nie. Wenn wir einen Zahnschmerz haben, dann glauben wir ihn für immer zu haben, nur um festzustellen, dass eine kleine Behandlung beim Arzt die Form des Schmerzes ganz schön verändert.
Wenn wir meditieren, lernen wir mit der Form und dem Inhalt und natürlich der Leerheit der Dinge in Kontakt zu kommen und ein bisschen zu spielen.
Mit dem Wissen von der Vergänglichkeit aller innerer und äußerer Phänomene gehen wir ans Werk. Wir sitzen mit den schmerzhaften Gefühlen, geduldig, weil wir wissen, dass sie irgendwann weiterziehen. Sie sind wie eine Karawane, die am Wasserloch verweilt und dann ihren Weg fortführt. Wir sitzen ein wenig belustigt mit Gedanken, die unserem Ego schmeicheln, weil wir wissen, dass sie bald durch andere Gedanken ersetzt werden.
Die Gedanken wandeln sich in Inhalt und Form, genau wie unsere Gefühle, unsere Körperempfindungen. Und wenn wir ganz genau hinschauen, hinhören, hinein fühlen, dann erkennen wir die kleinen Lücken zwischen den Gedanken und Emotionen. Kleine Momente der Stille, die ein Geheimnis in sich tragen, das Geheimnis der Leerheit.
Der Geist wird oft mit der Metapher des Himmels beschrieben. Auf diesem endlosen Firmament wandern Gedanken und Emotionen in der Form von Wolken hinüber. Manche groß und grau, manche klein und weiß. Aber der Himmel ist immer da. Diesen Himmel erleben wir in der Stille zwischen Geräuschen, in der Ruhe zwischen Gedanken, in der kurzen Pause zwischen Einatmen und Ausatmen. Im ständigen Strom des Bewusstseins ist immer auch eine Pause. Die Buddhisten nennen das Leerheit.. Wenn wir also das nächstes Mal einen Baum sehen, denken wir, dass er gleichzeitig Samen und Tisch, Feuerholz und Asche ist. Das alles nur einen winzigen Moment diese Form und diesen Inhalt hat und in jedem Wandel die Leerheit und Verbundenheit aller Dinge zu finden ist.
Comentários